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Fachartikel: Warum 1C nicht immer 1C ist: Lade- und Entladeraten im Realbetrieb

Ein Beitrag von SEINE Batteriesysteme
16.05.2025

In Datenblättern klingt alles so einfach: 1C bedeutet, eine Batterie lädt oder entlädt in einer Stunde. Doch in der Realität funktioniert das nicht wie auf dem Papier. Dieser Fachartikel tritt an, diese einseitige Sichtweise zu korrigieren – und zu zeigen, warum die C-Rate im Feld deutlich mehr ist als eine technische Kennziffer. Als Anbieter maßgeschneiderter Energiesysteme wissen wir: Es geht nicht um maximalen Strom – sondern um maximale Effizienz, Sicherheit und Alltagstauglichkeit. Wer Batteriesysteme plant, betreibt oder beurteilt, braucht ein Verständnis dafür, was die reale Leistungsfähigkeit wirklich beeinflusst.

 

Innenwiderstand und Alterung – die versteckten Leistungsbremsen

Im Zentrum der Diskrepanz zwischen nomineller und tatsächlicher C-Rate stehen zwei miteinander verknüpfte Größen: der Innenwiderstand und der Alterungszustand der Batterie. Der Innenwiderstand ist ein physikalisches Phänomen jeder Zelle. Er sorgt dafür, dass bei Stromfluss Spannung abfällt und Wärme entsteht. Je höher der Strom, desto größer diese Verluste – bei doppelter C-Rate vervierfacht sich die Verlustleistung. Das heißt: Schnellere Entladung bedeutet nicht nur kürzere Zeit, sondern auch spürbar geringere nutzbare Energie und höhere thermische Belastung. Mit zunehmendem Alter steigt dieser Innenwiderstand weiter an – auch wenn die Restkapazität laut Datenblatt noch in Ordnung erscheint. Eine gealterte Batterie mit 90 % State of Health kann unter Last bereits versagen, weil der Widerstand die schnelle Energieabgabe verhindert. Die Konsequenz: reduzierte Leistung, steigende Wärme, weiter beschleunigte Alterung – ein Kreislauf, der sich selbst verstärkt.

 

Temperatur – der unterschätzte Einflussfaktor

Batterien arbeiten am besten in einem bestimmten Temperaturbereich – typischerweise zwischen 15 °C und 35 °C. Außerhalb dieses Fensters verändern sich die elektrochemischen Prozesse massiv. Bei Kälte steigt der Innenwiderstand stark an. Die Leistung sinkt, die Kapazität wirkt reduziert. In Anwendungen wie Kühlhäusern oder im Wintereinsatz können Geräte plötzlich träge reagieren oder Akkus schneller entladen sein. Noch kritischer: Beim Laden unter 0 °C droht bei Lithium-Ionen-Akkus sogenanntes Lithium-Plating – eine Ablagerung von metallischem Lithium auf der Anode. Das führt zu dauerhaften Kapazitätsverlusten und birgt Sicherheitsrisiken. Aus diesem Grund begrenzen moderne BMS-Systeme bei Kälte den Ladestrom oder unterbrechen den Vorgang komplett. Hohe Temperaturen haben ebenfalls negative Folgen. Sie beschleunigen Alterungsprozesse, erhöhen das Risiko von Gasbildung oder im Extremfall eines thermischen Durchgehens. Gerade Speichercontainer, die im Sommer direkter Sonneneinstrahlung ausgesetzt sind, benötigen daher ein aktives Temperaturmanagement. Denn auch hier reduziert das BMS im Ernstfall die Leistung – zum Schutz der Zellen.

 

Das BMS und das Ladeverfahren – unsichtbare Leistungsbegrenzer

Selbst bei idealen Temperaturen wird die C-Rate durch die Steuerungselektronik begrenzt. Das Batteriemanagementsystem (BMS) überwacht ständig alle relevanten Parameter – Strom, Spannung, Temperatur – und greift ein, wenn sich kritische Werte nähern. Seine Aufgabe ist es, Schäden zu vermeiden, nicht maximale Leistung zu ermöglichen. Die Folge: In vielen Fällen drosselt das BMS die Lade- oder Entladeströme vorsorglich, um die Lebensdauer zu erhalten. Ein weiterer Einflussfaktor ist das Ladeverfahren. Die meisten Lithium-Ionen-Akkus werden mit dem sogenannten CC-CV-Profil geladen. Das bedeutet: Zunächst wird mit konstantem Strom geladen (Constant Current), anschließend mit konstanter Spannung (Constant Voltage). Die maximale Ladeleistung liegt nur in der ersten Phase an. Sobald der Akku zu etwa 80 % gefüllt ist, sinkt der Strom deutlich ab – der Rest des Ladevorgangs verläuft langsamer. Wer also glaubt, die C-Rate gelte für die gesamte Ladedauer, irrt auch hier.

 

Beispiele aus der Praxis – wenn Theorie auf Realität trifft

Die beschriebenen Einflüsse lassen sich in der Praxis klar beobachten. Ein Industrieunternehmen nutzt einen Großspeicher zur Lastspitzenkappung. An einem kalten Wintertag produziert die Photovoltaikanlage zwar viel Strom – doch der Speicher kann die Energie nicht schnell genug aufnehmen, da das BMS den Strom wegen der Zelltemperatur begrenzt. Die überschüssige Energie verpufft ungenutzt. Ein anderes Szenario: Ein Gabelstapler mit älterer Traktionsbatterie. Er hebt schwere Lasten langsamer, die Batterie wird heiß, die Ladezeiten verlängern sich. Obwohl die Kapazität rechnerisch noch ausreichen müsste, ist die Einsatzfähigkeit spürbar eingeschränkt – der Austausch wird fällig, nicht wegen zu wenig Energie, sondern wegen fehlender Leistung.

 

Fazit: Ganzheitlich denken – statt auf eine Zahl zu vertrauen

Die C-Rate ist ein nützlicher Orientierungswert – mehr aber auch nicht. Für eine realistische Einschätzung der Batterieleistung müssen Parameter wie Innenwiderstand, Temperatur, Alterung und das Verhalten des BMS berücksichtigt werden. Wer Energiespeichersysteme plant, betreibt oder beschafft, sollte sich dieser Zusammenhänge bewusst sein. Bei SEINE Batteriesysteme ist es unser Anspruch, genau solche Mythen aufzuklären. Wir verkaufen keine isolierten Batterien, sondern durchdachte Energielösungen – individuell auf Anwendung, Umgebung und Anforderungen abgestimmt. Denn nur so lässt sich moderne Speichertechnik wirtschaftlich, sicher und zukunftsfähig betreiben.